Sunday, April 22, 2007

Wasser und Feuer-Kampf mit den Elementen

Tena Koutou (Gruss an alle),
von unserem Gipfelstuermererlebnis ging es rasant weiter mit unseren Abenteuern. Diesmal auf etwas andere Art und Weise. Nachdem wir ja schon viele Great Walks gemacht hatten, suchten wir diesmal die Herausforderung auf der Whanganui Journey. Satte 123 km erwarteten uns in den kommenden vier Tagen. Da wir jedoch noch nicht allen Menschenverstand verlohren hatten, waehlten wir ein Canoe als Transportmittel. Alle Sachen in wasserdichten Faessern verstaut, ging es am 16. April ab in die Wildnis, fernab von jeglicher Zivilisation, mit dem Startpunkt Ohinepane. Der Whanganui River ist zum Einen der laengste, befahrbare Fluss Neuseelands und zum Anderen ein tapu, also heiliger Ort fuer die Maori, die den Fluss als ihren Vorfahren ansehen. Dabei darf man sich ihn jedoch nicht als dahinplaetscherndes Baechlein vorstellen, sondern es ist ein sehr breiter Fluss mit ueber 350 Stromschnellen. Da wir aber gluecklicherweise Erfahrungen beim White Water Rafting gesammelt haben, wussten wir ungefaehr, wie man den Fluss liest und die Rapids nimmt. So nahmen wir auch die erste Stromschnelle, die uns schon nach 10 Sekunden mit Mordsrueckwellen erwartete, mit Bravour. Innerhalb kuerzester Zeit hatten wir den Nationalpark um den Whanganui River erreicht und glitten wir Winnetou und Ntschotschi in ihrem Indianerkanu oder Maui und seine Gefaehrtin in ihrem Waka durch die dunklen Wasser. Um uns ragten bis zu hundert Meter hohe, senkrechte Klippen auf, da wir immer in einer Schlucht paddelten. Die Flora war einfach traumhaft, ueberall wuchs dichter Dschungel mit Baumfarnen, Palmen, jahrhunderte alten Baeumen, Lianen und Moos, sodass ein leuchtend gruenes Licht uns einhuellte. Die einzigen Geraeusche, die die Stille durchbrachen waren das Plaetschern des Wassers am Bug, der Schlag unserer Ruder und der vielstimmige Gesang exotischer Voegel. Dazu sorgte die Sonne auf unserer Haut fuer eine wohlige Waerme. Damit wir bei so viel Frieden und Harmonie nicht allzusehr die Realitaet vergassen, sorgten die teilweise tueckischen Stromschnellen fuer Geistesklarheit, da sie genaustens angesteuert und schnell durchrudert werden muessen. Nach einigen Versuchen schafften wir es sogar, nicht mehr komplett von oben bis unten mit Wasser vollgespritzt zu werden (man huepft im Canoe naemlich ueber die Wellen, die bei jedem Aufprall ins Boot schwappen). Alle paar Kilometer fielen Wasserfaelle rauschend ueber die moosbewachsenen Klippen oder bahnten sich Hoehlen aller Groesse ihren Weg tief in das Gestein. Auch Tiere konnten wir bestaunen, in Form von vielen Ziegen, Wildschweinen oder bunten Voegeln, die in den Baumgipfeln umherflogen. Es war alles viel schoener als wir uns vorher auch nur zu traeumen gewagt haetten. Mittag assen wir immer auf kleinen Steininseln im Fluss. Am ersten Abend in der Hut hatten wir Freundschaft mit einem israelischen Paerchen geschlossen, woraufhin wir die naechsten drei Tage mit ihnen staendig zusammen ruderten und eine aeusserst amuesante und interessante Zeit mit ihnen verbrachten. Obwohl der zweite Tag eher ruhig mit wenigen Stromschnellen verlaufen sollte, machten wir ein paar naehere Bekanntschaften mit im Fluss liegenden Felsen und Baumstaemmen. So steuerten wir in einer Stromschnelle genau auf einen Riesenbaum zu und kollidierten mit einer unglaublichen Geschwindigkeit von etwa 10 km/h mit ihm. Daraufhin fanden wir uns beide eine Sitzreihe weiter vorn und um viele matschige Stellen an den Beinen reicher wieder und konnten nur knapp einem Schleudertrauma entfliehen. Kurz darauf presste sich unser Kanu durch zwei riesige Steine und wir kenterten fast in einer Rueckwelle. Diese Geschicke konnten wir dem hinteren Steuermann Elke verdanken. Man braucht naemlich enorme Armkraft, um gegen die heiligen Wasser in Stromschnellen anzukommen und wer Elke kennt, weiss, dass ihre Kraft eher in ihren Geschmacksnerven liegt. Jedoch haben wir es, im Gegensatz zu 90% der restlichen Flussnutzer, geschafft, vier Tage ohne Kentern zu ueberstehen. Abwechslungseiche Naechte verbrachten wir in den Huetten, mitten im Dschungel am Fluss. Ein besonderes Erlebnis sollte uns dabei in der dritten Nacht ereignen. Wir hatten schon am dritten Tag Bekanntschaft mit einer Gruppe junger Maori geschlossen, die wir an der Bridge to Nowhere getroffen hatten. Dies ist eine schoen verziehrte Betonbruecke ueber eine Schlucht mitten im Dschungel, die, wie der Name schon sagt, niergendwohin fuehrt. Die Maori machten echt einen mystischen Anblick, wie sie mit ihren 8 Canoes ueber den geheiligten Fluss fuhren. Grosse, massive, dunkle Gestalten mit Farn im Haar, die mit Kamfpesschreien ueber das Wasser paddelten. Abends trafen wir sie bei der Hut Tieke Kienga wieder. Tieke Kienga ist ein jahrtausende alter Maorihausungsort mit marae (fein geschnitztem Versammlungshaus) und pol ( mythisch geschnitztem Pfahl) und folglich von hoher spiritueller Bedeutung. Wir hatten die Erlaubnis, dort die Nacht zu verbringen. Wenn man Glueck hat, sind die dazugehoerigen Maori des Stammes da, die einen mit rituellem hongi (Nasenpressen) und Zeremonie empfangen. Bei uns waren sie jedoch nicht da. Dafuer uebernachtete jedoch die Maorigruppe im marae mit uns. Nach kurzer Zeit wurden wir in ihre Gruppe aufgenommen und wir spielten wueste Spiele miteinander, bei dem man Kampes- und Autoritaetsschreie bruellt, laut trommelt und sich mit Zungerausstrecken und Glupschaugenmachen versucht Angst zu machen. Es war ein Mordsspass! Ausserdem haben sie uns Teile vom Haka (Kriegstanz) gezeigt. Am naechsten Morgen dann versammelten wir uns alle bei Fruehnnebel und Sonnenaufgang vor dem Marae und Pol und sie sangen voller Hingabe Gebetslieder in Maori. Anschliessend fassten wir uns im Kreis an die Haende und jeder sprach ein Gebet in seiner Sprache, also Maori, Hebraeisch und Deutsch, an das marae, den Vater des Flusses und des Himmels und bat um eine schoene und sichere Reise auf dem Fluss. Es war ein einmaliges und sehr spirituelles Erlebnis, vor allen Dingen, weil es nichts mit dem inszenierten Touristenzeug zu tun hatte und weil sie uns so selbstversaendlich aufgenommen haben. Nach der Ehrung des Flusses ging es auch schon auf zum letzten Tag auf dem Fluss, der uns nochmal das Wunder unserer Reise vor Augen fuehrte mit all der schoenen Landschaft, der Harmonie und der Heiligkeit des Flusses, die man richtig spuehren konnte. Waehrenddessen hat sich der Pudding in unseren Armen in stahlharte Mukkis verwandelt, was wir nie in solchen Ausmassen erwartet haetten- wir haben Arme wie Oberschenkel. Und alles wartet nur darauf, sich wieder in Pudding zurueckzutransferieren. Schon am uebernaechsten Tag waren wir bei den Vulkanen Mt. Ruapehu, Tongario und Ngauruhoe und bereit, das Tongariro Crossing zu unternehmen. Wir hatten zwar schon vor etwa einem halben Jahr das Crossing versucht, mussten aber aufgrund von unpassierbarem Eis und Schnee umkehren. Zur Zeit herrschten jedoch perfekte Bedingungen. Die drei Vulkane gehoeren zu den aktivsten der Welt und brechen alle 2-3 Jahre spektakulaer aus, wobei sie im Moment sogar ueberfaellig sind. Vor zwei Wochen erst ergoss sich eine ordentliche Portion Lahar aus dem Kratersee des Ruapehu in das darunterliegende Tal und ueber die zufuehrenden Strassen. Der Kratersee war also erstmal leer und wir sicher, nicht vom Schlamm ueberrascht zu werden. Frueh morgens liessen wir uns an den Startpunkt des Tracks fahren und fanden uns umringt von 200 anderen Wanderern wieder, was doch mal echt unglaublich viel ist, wenn man bedenkt, dass alle auf einem schnalen Weg zu etwa der gleichen Zeit starteten- voll das Getuemmel! So trotteten wir also im eiskalten Morgennebel ueber den gefrohrenen Boden, bis irgendwann die aufgehende Sonne uns waermte. Es war ein wahnsinns Sonnenaufgang so ueber den Vulkanen, wie im Bilderbuch. Nachdem wir etwa 2 Stunden lang durch die bis auf Moose vegetationslose Landschaft aus erstarrten Lavastroemen gestapft waren, erwartete uns ein einstuendiger, gut steiler Kletteranstieg, den wir viel leichter als beim ersten Mal bewaeltigten. Oben auf dem Sattel angekommen, bietete sich der uns vertraute Anblick auf das Tal und den Krater des Mt. Ngauruhoe. Von da an ging es durch den wuestenartigen Southcrater und hoch auf den Sattel mit Blick auf das mondartige Tal und den Red Crater, der seinem Namen alle Ehre macht. Da oben glaubt man kaum, dass man noch auf der Erde ist. Obwohl wir zwar wussten, dass wir auf aktiven Vulkanen herumspazierten, wurde es uns erst richtig bewusst, als wir spasseshalber einen Finger in die Erde steckten und ihn halb verbrannt wieder zurueckzogen. Ueberall lag der Geruch von Schwefel in der Luft und stiegen dicke Dampfwolken mit leisem Zischen aus dem Boden. Sogar aus dem Krater der Mt. Ngauruhoe stiegen Rauchschwaden auf. Bald bot sich uns ein faszinierender Blick auf die tuerkisgruenen, vulkanischen Emeraldlakes, an deren Ufern wir Mittag assen. Wir ueber- und durchquerten noch weitere Vulkane und Krater, bis wir schliesslich am riesigen, von den Maori verehrten Blue Lake ankamen. Um uns klafften kahle Felsen und erstarrte Lavafluesse, sowie Felder voller Asche und Lahar. Wohin unser Blick auch schweifte, ueberall bestimmten Krater und scharfe Canyons das Bild. Nach insgesamt neun Stunden in dieser unwirklichen Mondlandschaft erreichten wir jedoch wieder die Erde und zaehlen nun das Tongariro Crossing zu einem weiteren, fabelhaften Erlebnis. Zur Zeit sind wir wieder in Taupo und bereiten uns auf weitere Herausforderungen vor. Wir sind gespannt und so duerft ihr es sein.
So weit, so gut, liebe Gruesse, Bastili und Elleke



Elke auf dem Whanganui River


Zuu gleich


Erholung vom vielen Paddeln




Ufervegetation


Die Bridge to Nowhere


Unsere angsteinfloessenden Maorifreunde


Bereit zum Aufbruch


Man beachte das kleine Canoe


Wir vor dem Vulkan Ngauruhoe


Endlose Mondlandschaft


Der feuerrote Red Crater


Emerald Lakes mit Schwefelwolken


Sonnenuntergang ueberm Mt. Ruapehu

"Traeume ohne Taten sind nur Kaempfe im Gehirn"

1 Comments:

At 2:10 pm, Anonymous Anonymous said...

was ich suchte, danke

 

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