Friday, April 13, 2007

Auf zu neuen (und alten) Horizonten

Holladrio, alle zusammen,
Lange nichts mehr von uns gehoert, trotzdem existieren wir noch.
Erstmal noch ein kleiner Nachtrag zum Abel Tasman Track: In den Gewaessern des Nationalparkes finden sich alle moeglichenund unmoeglichen Tiere wieder. Von tellergrossen Seesternen, ueber Seeigel und unendlich viele Fischarten. So weit, so gut, wir teilen gern mit ihnen das Wasser. Als Elke jedoch das letzte Mal das glasklare Wasser geniessen wollte, schwebte auf einmal ein 2 m (=Uebermenschengroesse, erst recht Ueberelkengroesse) riesiger Rochen engelsgleich direkt unter ihr lang. Da sie sich schlagartig an den australischen Abenteurer erinnerte, dem ein Stachelrochen direkt ins Herz gestochen hat und somit umbrachte, war sie eine Zehntelsekunde spaeter schreiend wieder an Land. Das war ein schoenes Naturerlebnis!! Ausserdem sahen wir unsere ersten Exemplare lebender Possums, nicht nur solche, die platt im Kilometerabstand auf der Strasse liegen. Sehen doch echt knuffig aus, wie kleine Baerchen , die mit einer Katze gekreuzt wurden. Allerdings machen sie graessliche Bell- und Fauchgeraesche neben dem Zelt, wenn man eigentlich schlafen will und fressen unseren Muellbaeutel an. Soviel erstmal noch als Nachtrag.

In Motueka haben sich doch ziemlich unsere Plaene geaendert. So sind wir doch nicht zum Apfelpfluecken uebergegangen, sondern haben zweieinhalb Wochen Hopfen geerntet und damit ernsthaft gegen unsere Antialkoholischen Grundsaetze verstossen und die Verbreitung des Teufelsgetraenkes gefoerdert…Aber was soll man machen, wenn man knapp bei Kasse ist? Schliesslich sind wir stocksauer ueber die neuseelaendische Arbeitsmoral von dannen gezogen. Wir haben naemlich 10 Stunden am Tag, 6 Tage die Woche echt koerperlich hart gearbeitet, Basti in der knalle, heissen Sonne und Elke wie ein Nachtschattengewaechs umgeben von riesigen, lauten Maschienen in der Fabrikhalle. Fuer uns, wie auch fuer die restlichen Auslaender, galt der Vorsatz, dass wir uns permanent bewegen muessen und nicht eine Sekunde stehen, auch, wenn alle Maschienen grade standen. Die Neuseelaender standen aber 70% ihrer Arbeitszeit mit verschraenkten Armen neben uns oder lagen auf dem Rasen und scherzten miteinander, waehrend sie uns bei der Arbeit beobachteten… Und alle fanden das normal! Das grenzt doch schon an Menschenverachtung und dem Hoechstmass an Ungerechtigkeit, besonders, weil wir nach kurzer Zeit unsere Haende nicht mehr mehr bewegen konnten, weil wir steife Gichtgelenke hatten.. Elke hat aber nicht still zugesehen und am Ende haben manche neuseelaendische Kollegen wenigstens so getan, als wuerden sie arbeiten, wenn sie sie finster angesehen hat. Wir sind also in unserer Ansicht bestaetigt: Bier, Hopfen und alles drum herum = boese!
Tja, und da wir unserer Meinung nach echt alles, aber wirklich alles, was man auf der Suedinsel sehen konnte, gesehen und erlebt haben und sicher 75% der Sachen, die wir bestaunen durften, ein Tourist niemals auch nur erahnen wird, wurde es Zeit, Abschied zu nehmen. Wir kehrten nur noch mal in Blenheim in “Swampy’s Backpacker” ein, um Elkes Geburtstag zu feiern und alte Gesichter wiederzusehen. Am Abend des 27.03. dann fanden wir uns auch schon mit dickem Klos im Hals und schwerem Herzen auf der Nachtfaehre gen Nordinsel wieder. Ach ja, Suedinsel, du warst echt das Beste, was wir je erlebt haben, aber nach einem halben Jahr dort muessen auch wir Lebewohl sagen. Doch jeder Abschied ist auch gleichzeitig der Anfang von etwas Neuem.
Kein Wunder, dass nach sechs Monaten Leben in der Wildnis Wellington, die Hauptstadt auf der Nordinsel, wie ein Naturschock fuer uns war. Seit langem sahen wir Menschenmassen, Hochhaeuser und Ampeln wieder und wurden von den Autoabgasen fast vergast. Wir versuchten also die Flucht aus dem Grossstadtdschungel und an der Westkueste der Nordinsel hinauf. Leider waren wir tief enttaeuscht. Von wildem Dschungel, schneebedeckten Gebirgen, Gletschern, exotischen Tieren, Traumstraenden und unberuehrter Natur verwoehnt, liess uns die Nordinsel erstmal recht kalt. Wir hatten ganz vergessen, dass hier die Landwirtschaft regiert und so wirkten das flache Land mit ein paar gruenen Huegeln und die tausenden Schafe darauf erstmal viel zu zivilisiert. So reisten wir recht fix hoch gen Taranaki, nur gebremst von kleineren Sehenswuedigkeiten am Rande und “ stock moving”, wenn also tausende Schafe die Strasse anektieren, im Auftrag, die Weide zu wechseln und man so die naechste halbe Stunde nur dicke, vollgekeckerte Schafspos und schlackernde Ohre vor einem rumhueppeln sieht.
Der Mount Taranaki bietete wieder ein gewohntes und gleichzeitig neues Bild: er ist der mit 2518 m hoechste Vulkan Neuseelands und steht allein in sonst flachem Land, wie ein Einzelkaempfer. Dabei ist er perfekt so gestaltet, wie man sich einen Vulkan nur wuenschen kann und auch noch aktiv(das letzte Mal vor 250 Jahren). Um diesen Genossen also wollten wir eigentlich einen fuenftaegigen Great Walk machen. Jedoch kam uns ein verheerendes Unwetter zuvor, dass auf dem ganzen Weg um den Vulkan zu Erosion, Hangruetschen und sonstigem fuehrte, das nur irgendwie den Weg unbegehbar machte. Auf einer siebenstuendigen Wanderung auf dem Around-The-Mountain Track machten wir uns selbst ein Bild und mussten dabei durch undurchdringliches Gestruepp und ueber Hanglawienen, die den Weg als extrem steilen Asche-Geroellhaufen uebriggelassen hatten. So liessen wie also diese Idee fallen. Statt dessen wollten wir auf den Mount Taranaki hinaufsteigen, wobei wir beide von vornherein damit rechneten, nie die Spitze zu erreichen. Am Karfreitag brachen wir im Morgengrauen auf, mit der Mission, den Mount Taranaki zu erklimmen. Schon in den ersten Metern zeigte sich, was une erwartete, da es von Anfang an steil bergauf ging. Als die Morgensonne das Land und den Giganten vor uns in rot- orangen Schein getaucht hatte, hatten wir die Buschlinie hinter uns gelassen und auf erodierten Treppen und ueber ertsarrte Lavafluesse bahnten wir uns langsam, aber unermuedilch unseren Weg nach oben. Nach etwa 3 Stunden unerbittlichem Aufmarsches, hoerten ploetzlich die Treppen auf und alles was uebrig blieb war eine Mischung aus Asche und Schotter und Fels. Vulkanasche von letzten Ausbruch vor 250 Jahren. Inzwischen war der Weg schon lange nur noch als orange Stoeckchen gekennzeichnet, die im 150m Abstand in die Asche gesteckt waren und es wurde so extrem steil, dass man bei jedem Schritt einen halben Schritt in der Asche wieder hinunterrutschte. So etwa 50 Grad Steigung hatte der Hang, sodass, wenn man sich umdrehte, man dachte, man wuerde schweben, da man nur ein paar Woelkchen und das Land unter uns in erschreckender Tiefe sah. Das war der Moment, an dem uns bewusst wurde, was wir uns da vorgenommen hatten. Gleichzeitig wurde die Luft knapp und Taubheitsgefuehle in den Armen und Haenden setzten ein. Die ersten Anzeichen der Hoehenkrankheit? Doch ans umdrehen war noch nicht zu denken… Der dicke Hammer und die Angst setzte ein, als wir das letzte Stueck Weg zur Spitze sahen. Wir hatten vorher noch Witze drueber gemacht, aber es wurde wahr: der “Weg” fuehrte noch steiler weiter ueber erstarrte Lavafelswaende. Heisst, wir kletterten fast senkrecht Waende hinauf, ungesichert und in mehr als ueber 2000 m Hoehe. Es war ein echter Kampf um unser Leben mit uns selbst und den Naturgewalten. Doch nach eineinhalb Stunden Kletter in den Wolken erreichten wir den Rand des Kraters. Von da ging es in und durch den eisgefuellten Krater. Koennt ihr euch das vorstellen, wie man sich fuehlt, wenn man durch seine eigene Koerperkraft auf einen Vulkan geklettert ist und dann in seinem Krater steht? Es ist einfach unglaublich und wir fuehlten und wie in einem Traum, so unwirklich und maerchenhaft sah alles da oben aus. Aber um die wahre Spitze zu erreichen, folgte noch eine kurze Kletterpartie und dann war es Geschafft. Wir hatten den hoechsten Berg unseres Lebens und gleichzeitig den hoechsten Vulkan Neuseelands bezwungen, obwohl wir selbst nie damit gerechnet oder auch nur davon getraeumt haetten. Wir waren von 900 m auf 2518m gestiegen. 6 Stunden permanent steil und nur bergauf. Durch Asche- und Geroellfelder und zum Schluss fast senkrecht ueber eine Stunge lang geklettert. Wir muessen verrueckt sein! Aber wir hatten es geschafft, ganz allein. Und so saugten wir die duenne Luft ueber den Wolken auf . Doch langsam setzte ernste Panik bei Elke ein. Solche Angst um ihr Leben, dass sie nicht mehr mehr heulen konnte oder sich auch nur bewegen konnte. Sie war fast 100% davon ueberzeugt, dass sie nicht mehr lebend vom Mount Taranaki runterkommen wuerde, heisst, solche essenzielle Todesangst, wie sie noch nie in ihrem Leben gehabt hat. Basti hat versucht sie zu beruhigen und so machten sie sich langsam und mit steifen Beinen an den Abstieg, der sich als herrausfordernder als der Aufstieg herausstellte. Wir nahmen die oberen Felswaende in Angriff und kamen auch sicher runter. Als dann auch noch dichte Wolken aufzogen, dachten wir, alles waere verloren. Zum Glueck konnten wir die orangen Markierungen trotz des Nebels erkennen oder folgten anderen Wanderen. Die Asche schlitterten und rutschten wir runter, schafften wir es irgendwie, ohne schlimme Verletzungen und der restliche Weg kam uns vor wie ein Kinderspiel, obwohl alles wehtat, die Haende von der Lava fast bluteten und die Knie einen Liter Schmieroel vertragen haetten. Auf dem Runterweg trafen wir auch noch vermutlich Ian Mc Kellen, der Saruman in der Herr der Ringe gespielt hat und auch wanderte, und plauschten kurz mit ihm. Im Sonnenuntergang trafen wir wieder im Basislager Bobby ein, adrenalinvollgepumpt und der Welt dankbar, dass wir lebten. Elf Stunden hat uns dieses grandiose Abenteuer beansprucht, und wir moechten jetzt bitte nur noch als Bergerklimmer angesprochen werden.
Vom Mount Taranaki fuehrte unser Weg ueber den Heritage Trail, der doch recht unspektakulaer war, nach Taumarunui und von da zu den Waitomo Caves. Die bekannten Gluehwuermchenhoehlen besuchten wir noch nicht, das folgt spaeter, sondern waren nur in gratis Hoehlen voller Stalagmiten und Stalagtiten. Auf Nachtwanderungen bot sich uns auch ohne gebuchte Tour eine Milchstrasse von Gluehwuermchen im Wald an Felsueberhaengen- einfach maerchenhaft. Die Gluehwuermchen leuchten hier aber blau-gruen und sollten auch Gluehfaeden oder Gluehschleim heissen. So sehen sie ehr aus. Die Geschichte mit der Findung von riesigen Hoelenspinnen und –wetas in Hoehlen, die wir darauf schreiend verliessen, wiederholte sich, wir sind einfach noch nicht bereit fuer solche Monstren! Weiterhin trafen wir andere Monster in Form von humanoiden Gluehwuermchen, Adrenalinjunkies, die nachts auf Riesenreifen mir Grubenlampe auf dem Kopf durch die Hoehlen treiben. Wir ueberlegen noch, ob wir das auch wollen.
Momentan sind wir grade in Hamilton und warten auf gutes Wetter, um weitere Abenteuer zu bestehen. So langsam wird es hier naemlich Herbst….

Liebe Gruesse vom Gipfelstuermer Basti und der Gipfelschnecke Elke



Schafe- haeufige Verkehrsteilnehmer in NZ



Ein majestaetischer Vulkan


Mt. Taranaki im Morgenlicht


Basti schleppt sich ueber den losen Schotter



Elke beim Klettern

Im schneebedeckten Vulkankrater


Ein Wanderer auf dem "Haizahn" gegenueber der Spitze


Auf 2518 m Hoehe


Ueber den Wolken

Freiheit


Ostersonntag am Mangamahoe See


Auf der Suche nach Hoelenmonstern


Die Marokopa Falls



"Wenn du ganz oben bist- was dann?"

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